Mit Flüchtlingskindern lernen
Anregungen und Projekte aus der Praxis
"Es besteht die berechtigte Erwartung, daß in viel späterer Zeit, wenn der Menschheit genug Zeit gelassen wird, die Kraft des Gemeinschaftsgefühls über alle äußeren Widerstände siegen wird. Dann wird der Mensch Gemeinschaftsgefühl äußern wie Atmen" (Adler 1933 b, 196). Der Titel des Buches "Mit Flüchtlingskindern lernen" weist auf das gemeinsame Lernen mit und von anderen Kindern hin. Er bedeutet auch , dass wir als Lehrerinnen und Lehrer mit den Kindern lernen und von ihnen lernen. Die Gegenseitigkeit und die Gemeinsamkeit geben uns die Richtung für gelingenden Unterricht an. Es geht um die veränderte Einstellung der Lehrerin, des Lehrers, die jedes einzelne Kind in den Blick nehmen, die die Individualität, die Einzigartigkeit eines jeden anerkennen und verstehen. Einstellungen, die in jedem Kind auf seine ganz besondere Weise dessen schöpferische Kraft nutzen oder neu beleben. Einstellungen, die dafür sorgen, dass das Kind mit sich selbst identisch sein kann. Es geht um die Begleitung, die aus der Sprachlosigkeit der Kinder zur lebendigen Sprache führen, mit der sie in einen lebendigen Austausch zu den Anderen Zutritt haben. Es geht um Hilfestellungen, damit das Kind seinen Platz in der Gruppe findet, sich angenommen und respektiert fühlen kann in der Gemeinschaft. Für die Flüchtlingskinder, die gestern kamen und heute und morgen in unsere Schulen kommen, geht es nicht um eine Integration in das System der so genannten Mehrheitsgesellschaft, sondern um das Zusammenwachsen, die Zusammenarbeit und das sich Hineinfinden in eine fremde Gruppe. Ich bin erwünscht und werde geliebt. Damit das so werden kann, ergeht der Aufruf an uns: "Wer sich befreunden will, muss sich befremden lassen." Dieses neu konzipierte Buch ist aktueller denn je. Bereichert wird es durch die Beiträge von Reinhard Stähling, Barabara Wenders und Krystyna Strozyk. Es antwortet auf den folgenden Grundsatz von Reinhard Stähling: "Du gehörst zu uns" - "Flüchtlingskinder bereichern unsere Schulklassen" Reinhard Stähling benennt die Grundpfeiler einer gelebten Pädagogik. Er mahnt und weist Wege auf, wie Schule heute (am Beispiel Berg Fidel) gelingen kann. Im Weiteren bieten diverse im Buch vorgestellten Projekte und Unterrichtsbeispiele Hilfestellung: Kinder im Schatten der Schule - Sinti und Roma", "Ich mache keine Probleme, ich habe Probleme " Wider die Ausgrenzung in der Schule" Barbara Wenders Beiträge bezeugen den anderen Blick auf die Flüchtlingskinder und geben Einblicke aus der Praxis. Krystyna Strozyk beschreibt, wie in ihrem Projekt ausländische Kinder neben allem Deutschunterricht, ihre Muttersprache als gefühlter Sprache nicht vergessen , sondern sie lebendig gehalten wird: "Mulingula-Mehrsprachiges Vorlesen in der Grundschule" Die übergreifende Formel heißt: Das Kind muss einen Platz in der Gruppe finden! Es muss sich zugehörig wissen. Anerkennung , Akzeptanz, Hochachtung vor dem Anderen, Liebe, Verständnis und vieles mehr sind die Antworten innerhalb der Gemeinschaft, der Klasse. Sich auf Augenhöhe, als sozial gleichwertig, als erwünscht und geliebt zu fühlen, das sind die Einstellungen der Lehrerin dem Kind und sich selbst gegenüber. Das Kind ist die einzige Instanz und Autorität, die uns Erwachsenen Auskunft über sich selbst geben kann. Dieses Buch wird getragen durch die Beiträge der Kinder, in Form von Tafelbildern, Gesprächsprotokollen, Bildern und vor allem durch ihre Texte. Es wendet sich an Pädagoginnen, die bereits auf der Suche sind.